Granada - Wo Geschichte durch die Gassen flüstert
Granada - Wo Geschichte durch die Gassen flüstert
Es gibt Orte, die ziehen einen sofort in den Bann, ohne große Worte, einfach durch ihre Präsenz. Granada ist so ein Ort. Eingebettet zwischen den Ausläufern der Sierra Nevada und den weiten Ebenen Andalusiens vereint die Stadt eine bewegte Geschichte mit maurischer Eleganz, christlicher Pracht und einer gewissen zeitlosen Magie. Wer mit offenen Augen und einer Kamera durch ihre Gassen streift, entdeckt nicht nur monumentale Bauwerke, sondern auch unzählige kleine Momente: goldenes Licht auf alten Mauern, das Spiel der Schatten in engen Gassen und eine Stadt die gleichzeitig stolz, lebendig und verwunschen wirkt.
Die Sierra Nevada - schneebedeckte Kulisse und Natur
Was Granada so besonders macht, ist nicht nur die Geschichte, die in ihren Mauern steckt, sondern auch die Landschaft, die sie umgibt. Besonders eindrucksvoll erhebt sich im Hintergrund die Sierra Nevada, ein mächtiges Gebirge, das im März oft noch tief verschneit ist und mit seinen Kontrasten das Stadtbild prägt.
Von vielen Aussichtspunkten der Stadt aus sieht man die weißen Gipfel, die je nach Tageszeit unterschiedlich leuchten: morgens in kühlem Blau, abends in sanftem Gold. Die Sierra wirkt dabei nie dominant, sondern wie ein ruhiger Wächter über Granada, besonders eindrucksvoll von der Alhambra aus zu sehen.
Aber sie ist weit mehr als eine malerische Kulisse für Granadas Altstadt, sie zählt zu den bedeutendsten Naturräumen Europas. Das Gebirge erstreckt sich über mehr als 2000km² und beherbergt den höchsten Punkt des spanischen Festlands: den Mulhacén (3.479m). Aus biologischer Sicht ist vor allem die außergewöhnliche Artenvielfalt bemerkenswert. Aufgrund der Höhenlage, der starken mikroklimatischen Unterschiede und der geologischen Isolation hat sich hier eine einzigartige Flora und Fauna entwickelt. Neben mehr als 2.100 Pflanzenarten, wovon 60 endemisch sind und ausschließlich in der Sierra Nevada vorkommen, ist auch die Fauna sehr artenreich. Die Sierra Nevada bietet Lebensraum für Steinböcke, Ginsterkatzen und Königsadler.
Fototipp: Wer die schneebedeckten Berge fotografieren will, sollte auf kalte Tage setzen, nach Regen oder windigen Nächten, ist die Sicht oft besonders gut. Achte darauf, Stadt und Natur zu kombinieren, zum Beispiel über Dächer hinweg oder durch Zypressen hindurch, um Tiefe und Kontext zu schaffen.

Die Stadt entdecken - Gassen, Dächer und Horizonte
Granada ist mehr als ihre Sehenswürdigkeiten. Es ist eine Stadt zum Schlendern, Beobachten, Staunen. Zwischen dem verwinkelten Albaicín und dem geschäftigen Zentrum entdeckt man bunte Graffitis, kleine Cafés mit Fliesenmosaiken, Straßenmusiker, die vor alten Mauern spielen und immer wieder öffnen sich überraschende Ausblicke über die Dächer hinweg bis hin zur schneebedeckten Sierra Nevada.
Wir ließen uns treiben, durch die Gassen und Straßen Granadas, vorbei an schmiedeeisernen Balkonen und kleinen Geschäften, die handgefertigte Keramik, Lederwaren oder orientalisch duftende Gewürze ausstellen.

Zwischendurch machten wir immer wieder Pausen, in Cafés, deren Duft von Kaffee, Zimt und Naschereien uns anlockte. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die Churros con Chocolate, ein typisch spanisches Gebäck aus knusprigem Brandteig, das in lange Streifen frittiert und traditionell in dickflüssige Schokolade getunkt wird. Ein süßer Klassiker, vor allem zum Frühstück oder am späten Nachmittag beliebt und perfekt nach einem langen Stadtspaziergang.

Albaicín - das weiße Herz Granadas
Einer der faszinierendsten Stadtteile ist zweifellos der Albaicín, das ehemalige arabische Viertel, das sich labyrinthartig an den Hügel gegenüber der Alhambra schmiegt. Weiße Häuser mit kleinen Innenhöfen, engen Gassen aus Kopfsteinpflaster, Bougainvillea, die sich über alte Mauern rankt, hier fühlt man sich wie in einer anderen Zeit.

Fototipp: Der Blick vom Mirador de San Nicolás auf die Alhambra und Granada ist legendär, aber oft auch überlaufen. Wer den Blick auf die Festung in Ruhe genießen möchte, sollte sich früh am Morgen oder zur blauen Stunde auf den Weg machen. Ein Teleobjektiv (z.B. 70mm) bringt die Alhambra näher heran und lässt Details in der Fassade sichtbar werden.
Catedral de la Encarnación de Granada
Wer durch das Stadtzentrum schlendert, trifft unweigerlich auf die imposante Kathedrale von Granada die Catedral de la Encarnación de Granada. Sie befindet sich im historischen Zentrum, Granadas und gilt als eines der bedeutendsten Beispiele der spanischen Renaissance-Architektur. Obwohl ursprünglich geplant war die Kirche im gotischen Stil zu bauen, wurde sie schließlich unter Einfluss der Renaissance und des Barock vollendet, was man besonders im Inneren spürt: weiße Säulen, filigrane Gewölbe, goldene Altäre und farbenprächtige Glasfenster. Besonders beeindruckend ist die barocke Orgel, die wie ein Goldberg in die Höhe wächst.


Fototipp: Für Innenaufnahmen lohnt sich ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv. Die ISO muss je nach Lichtverhältnissen stark angehoben werden, ISO 800 bis 2500 sind hier keine Seltenheit. Wer mit 17 mm und Blende 3.2 arbeitet, kann trotz Handaufnahme viel vom Raumgefühl einfangen. Symmetrie und bewusst gesetzte Zentralperspektiven wirken hier besonders kraftvoll.
Die Alhambra - ein Gedicht aus Stein und Licht
Um einen Besuch der Alhambra kommt man nicht vorbei, wenn man in Granada ist. Oft sieht man sie vorher auf Bildern, in Reiseführern, auf Postkarten, aber nichts bereitet dich wirklich darauf vor, wenn du dann selbst unter diesen Mauern stehst. Sie thront über der Stadt, ockerfarben, still, irgendwie zeitlos, fast wie eine eigene Welt.
Wir hatten Glück mit dem Wetter. An diesem Mittag, war die Luft klar, der Himmel tiefblau und der Blick aus Teilen der Festung reichte weit über die Dächer Granadas bis hin zur weißen Sierra Nevada. Mit so vielen Kontrasten ein Traum für jeden Fotografen. Je weiter wir uns vorarbeiteten, desto ruhiger wurde es. Die Mauern schirmten den Lärm der Welt ab.

Der Generalife, genauer gesagt der Patio de la Acequia, ist der berühmteste Hof der Sommerresidenz der Nasridenherrscher innerhalb des Alhambra-Komplexes. Er liegt etwas abseits der Nasridenpaläste und war ursprünglich als Rückzugsort der Herrscher gedacht, ein Ort der Ruhe, Gärten, Wasserläufe und Arkadengänge. Ein langes Wasserbecken mit kleinen Springbrunnen zieht sich durch die Mitte, flankiert von farbenfrohen Blumenbeeten, akkurat geschnittenen Hecken und schattigen Wandelgängen.

Im Löwenhof, standen wir eine ganze Weile nur da und beobachteten, ließen alle Details auf uns wirken. Die schlanken Säulenreihen, mit all ihren Details, das leise Plätschern, wirkt alles ganz anders, als wenn man es nur im Reiseführer anschaut.


Fototipp: Ein Weitwinkelobjektiv (z.B. 17mm bei Blende 8-16) ist ideal, um Innenräume und Höfe symmetrisch zu erfassen. Bei geringem Licht helfen hohe ISO-Werte (bis 5000), wie im Löwenhof. Allerdings habe ich nicht auf die Blende geachtet, ein niedrigere Wert hätte auch ein scharfes Bild ergeben, dann hätte ich die ISO mit niedrigen Werten nutzen können.
Der Myrtenhof hat uns mit seiner Spiegelung besonders fasziniert. Das lange Wasserbecken lag fast unbewegt vor uns, die Fassade darüber verdoppelte sich darin, nur gestört von ein paar kleinen Wellen. Ich wartete bis der Moment passte und kein Wind und damit auch keine Bewegung da war, dann drückte ich auf den Auslöser meiner Kamera.

Fototipp: Achte darauf, Spiegelungen in den Becken mittig zu platzieren, wie im Myrtenhof oder beim Palacio del Partal. Ein ND-Filter kann helfen, Menschenmengen etwas “verschwinden” zu lassen, wenn erlaubt.
Auch der Partal-Palast, etwas abseits, hatte seinen ganz eigenen Charme. Offene Galerien, verspielte Bögen, davor ein weiterer Spiegelteich, umrahmt von Palmen und alten Zypressen. Es fühlte sich hier mehr an wie ein privater Rückzugsort.

Ein weiteres Gebäude innerhalb der Alhambra ist der Palast Karls V. (Palacio de Carlos V). Ein wuchtiger Renaissancebau mitten im maurischen Ensemble, errichtet im 16. Jahrhundert im Auftrag von Kaiser Karl V., der sich ein repräsentatives Zeichen seiner Macht in Granada wünschte. Der Palast überrascht allerdings, denn spätestens wenn man den runden Innenhof betritt, steht man inmitten perfekt proportionierten Säulen, die sich über zwei Geschosse strecken. Das ganze Gebilde sieht durch die Licht- und Schattenspiele, durch die Architektur fast aus wie eine Bühne. Jeder Schritt hallt, jede Stimme, selbst wenn man alleine ist.


Fototipp: Die Geometrie des Innenhofs ist ein Geschenk für alle, die mit Linien und Licht arbeiten wollen. Besonders in den frühen Nachmittagsstunden schneiden sich Sonne und Schatten wie mit dem Lineal gezogen über den Boden. Wer von oben fotografiert, sollte mittig stehen und mit Blende 11 oder 13 arbeiten, so bleibt alles von Vorder- bis Hintergrund scharf.
Gegenlichtaufnahmen funktionieren gut, wenn man mit dem Kontrast spielt und den Schatten bewusst als gestalterisches Element einsetzt.
Wenn du in der Alhambra fotografierst, nimm dir Zeit mit. Viele Motive entfalten sich erst, wenn man länger schaut. Für uns war dieser Ort ein kurzer, eindrücklicher Stopp, voller Ruhe und Geschichten und genau deshalb ein passender Kontrast zum Trubel in der Stadt.



Fazit
Granada war nichts, was wir einfach abhaken wollten. Wir sind nicht mit dem Ziel hergekommen, möglichst viele Sehenswürdigkeiten zu sehen. Wir wollten ankommen, uns treiben lassen und genau das haben wir getan. Die Stadt hat uns nicht mit Lautstärke und Trubel beeindruckt, sondern mit ihrer Atmosphäre. Mit den Gassen, durch die man langsam geht, weil man ständig irgendwo hängenbleibt, an einer Hauswand mit Kacheln, an einem Ladenfenster voller Gewürze, an einer Straßenecke, an der ein Musiker spielt. Mit Blicken über die Dächer, mit Licht, das sich auf alten Mauern bricht, mit dem Geruch von Kaffee und warmem Gebäck am Nachmittag. Und obwohl ich viel fotografiert habe, war das Wichtigste nicht das Foto, sondern der Moment davor, das Stehenbleiben, das Beobachten, das gemeinsame Staunen. Manchmal braucht es dafür keine Worte, nur einen kurzen Blick zwischen uns und wir wussten: Das war einer dieser Augenblicke, den wir nicht vergessen werden.
In meinem neuen YouTube Video findest du noch mehr Impressionen zu Granada und persönliche Eindrücke zu unserer Reise!


Lichtemotionist - Tobias Ackermann
Autor; Künstler

Alicia Ackermann
Co-Autor; M.Sc. Meeresbiologie

















