Foto-Tour im Kaiserstuhl - Zwischen Reben, Trockenrasen und Geschichte
Foto-Tour im Kaiserstuhl - Zwischen Reben, Trockenrasen und Geschichte
Manchmal braucht es nicht mehr als einen gut gepackten Rucksack, bequeme Schuhe und die Bereitschaft, sich ein bisschen den Hang hochzuquälen, um eine Landschaft kennenzulernen, die mehr zu erzählen hat als so mancher Bildband. Meine Foto-Tour durch den Kaiserstuhl, vom Bahlinger Eck über die Schelinger Höhe, den Badberg, Haselschacher Buck bis hin zum Horberg, war so eine Landschaft. Die Tour führte durch das Naturschutzgebiet am Badberg (432,7 m), welches 65 Hektar umfasst und seit 1969 besteht, über Rebhänge, Trockenrasen und Wiesen. Auf dem Weg kommt man immer wieder an Infotafeln vorbei, die von der Region und ihrer Geschichte erzählen, also kann man nicht nur die Wunder der Natur bestaunen, sondern auch noch in die Geschichte eintauchen.

Kaiserstuhl - Vulkanboden mit Vielfalt
Der Kaiserstuhl ist ein besonderes Fleckchen Erde im Süden Deutschlands. Das kleine Mittelgebirge mit seinem vulkanischen Ursprung und seinen fruchtbaren Lössböden bietet Lebensraum für eine beeindruckende Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten. Durch das milde Klima wirken viele Bereiche fast mediterran. Weinreben, Obstbäume und magere Wiesen wechseln sich ab und mittendrin: geschützte Naturräume wie das Gebiet rund um den Badberg.
Immer wieder standen wir vor Informationstafeln, die regionale Geschichte, frühere Landnutzung und den Wandel der Landschaft erläuterten. Es war eine dieser Foto-Touren, bei der man nicht nur fotografiert, sondern auch viel mitnimmt, im besten Sinne. Meine Tochter und meine Frau waren auch dabei. Wir sahen ein paar Menschen auf unserem Weg und gerade auf dem Trockenrasen einige mit Lupen, spezieller Kameraausstattung um Schmetterlinge und andere Insekten zu fotografieren.
Durch den Wald zur Schelinger Höhe
Die Foto-Tour startete mit einem Anschnitt durch einen kleinen Laubwald. Efeu schlängelte sich an den Bäumen hoch, der Weg führte über Wurzeln und Steine. Alles ruhig, nur die Vogelstimmen begleiteten uns. Nach einigen Metern öffnete sich der Blick und wir standen auf den sonnigen Hängen der Schelinger Höhe mit weitem Blick ins Tal.
Fototipp:
Nutze das senkrechte Linienmuster der Bäume für eine klare Bildkomposition. Fotografiere frontal und achte auf eine symmetrische Anordnung, um die ruhige Wirkung zu verstärken. Ideales Licht: vormittags oder nachmittags, wenn die Sonne seitlich einfällt und das Laub sanft durchleuchtet – so entsteht Tiefe und Farbintensität. Ein Polfilter kann zusätzlich helfen, Spiegelungen zu reduzieren und das Grün satter wirken zu lassen.

Nach einigen Metern öffnete sich der Blick und wir standen auf den sonnigen Hängen der Schelinger Höhe mit weitem Blick ins Tal.

Ein Blick ins Erchsetteter Tal
Eine der ersten Tafeln, die uns auffiel zeigte ein Schwarz-Weiß-Foto von 1967. Es zeigte das Erchsetteter Tal, damals intensiv bewirtschaftet mit klar gegliederten Feldern und alten Karrenwegen. Heute wirkt die Landschaft weicher, fast zurückgenommen. Was einst Kornkammer war, wird heute nur noch zum Teil landwirtschaftlich genutzt. Der Rest wurde von der Natur zurückerobert. Ein spannender Wandel, den man direkt vor sich sehen kann.


Haselschacher Buck – Pflege schafft Vielfalt
Am Haselschacher Buck zeigt sich, wie wichtig gezielte Pflege für den Erhalt von Lebensräumen ist. Die Wiesen sehen auf den ersten Blick wild und unberührt aus, doch tatsächlich steckt hier ein abgestuftes Mahd-System dahinter. Durch unterschiedliche Mähzeitpunkte entstehen verschieden strukturierte Zonen. Es war faszinierend zu sehen, wie gezielte Eingriffe wieder Raum geben können, statt einzuschränken.

Kombinationstipp:
Die Kombination aus Weitwinkel und Detail erzählt eine visuelle Geschichte: von der Landschaft als Bühne bis hin zu den kleinen Wundern am Wegesrand. Ideal für Fotoreportagen oder Bildserien mit emotionaler Tiefe.

Warum Schmetterlinge mehr sind als bunte Hingucker
Schmetterlinge gehören zu den besten Bioindikatoren die wir haben. Ihre Vielfalt, oder ihr fehlen, verrät viel über den Zustand eines Lebensraumes. Sie brauchen blütenreiche, ungestörte Wiesen, ihre Raupen oft ganz bestimmte Futterpflanzen. Sind sie da, geht es auch vielen anderen gut: Wildbienen, Vögeln, Kleinsäugern.
Doch leider werden es immer weniger. In Deutschland sind in den letzten Jahrzehnten rund 75% der Insektenbiomasse verschwunden. Ursachen sind vor allem der Verlust von Lebensräumen, intensive Landwirtschaft, Pestizide, Lichtverschmutzung und Klimaveränderungen. Was fehlt ist Struktur, in Form von Hecken, Brachen, Blühflächen und Ruhe. Daher sind Gebiete wie das rund um den Badberg so wichtig. Sie sind Rückzugsorte und letzte Refugien für viele Arten. Und sie zeigen, dass es geht. Mit etwas Geduld, Pflege und Wissen.

Schwalbenschwanz: Einer der eindrucksvollsten Schmetterlinge Mitteleuropas, mit einer Flügelspannweite von bis zu 8 cm, kräftigem Gelb, markanter schwarzer Zeichnung und den typischen “Schwalbenschwänzen” an den Hinterflügeln. Man trifft ihn auf blütenreichen Wiesen, Trockenhängen oder Gärten an, wo er elegant über die Pflanzenwelt gleitet. Seine Raupen bevorzugen Doldenblütler wie Wilde Möhre oder Fenchel. Obwohl er lokal noch häufig vorkommt, leidet auch der Schwalbenschwanz unter dem Rückgang naturnaher Flächen. Wer ihn fördern möchte, kann im Garten gezielt Raupenpflanzen anpflanzen und mit etwas Glück stellt sich bald ein flatternder Besuch ein.

Kleiner Sonnenröschen-Bläuling: Ist ein eher unscheinbarer, aber wunderschöner Vertreter der Bläulinge. Mit seiner braunen Flügeloberseite, den orangefarbenen Randflecken und dem bläulich behaarten Körper fällt er bei genauem Hinsehen sofort auf. Er liebt warme, trockene Lebensräume wie Magerrasen und sonnige Wiesen, besonders dort, wo das Sonnenröschen wächst, seine wichtigste Raupenfutterpflanze. In Deutschland ist er weit verbreitet, aber durch den Verlust solcher Lebensräume gefährdet. Wer ihn beobachten will, sollte zwischen Mai und September mit wachen Augen durch Trockenrasen streifen, dort flattert er oft knapp über dem Boden.

Manchmal muss man auch etwas Yoga machen um ein gutes Bild zu bekommen! ;)
Ein Highlight am Wegesrand: Der Schmetterlingshaft
Auf halber Strecke, fast versteckt im Gebüsch, fand ich eine kleine Tafel über den Schmetterlingshaft, ein bizarrer Flieger mit Netzflügeln und auffälligem Flugverhalten. Seine nahe Verwandtschaft mit Florfliegen und seine Rolle im Ökosystem machen ihn zu einem spannenden Bewohner dieser Landschaft. Es war ein schöner Moment der Entdeckung, der mir zeigte, dass es oft die kleinen Dinge sind, die eine Foto-Tour besonders machen.

Der Badberg – Wandel über Jahrzehnte
Weiter ging es den Badberg hinauf, mit 432,7 Metern nicht riesig, aber durchaus fordernd bei Sonne. Eine weitere Infotafel zeigte ein Foto aus dem Jahr 1943: fast kahle Hänge, kaum Vegetation. Heute dagegen wachsen dort Büsche, Gräser, Kräuter. Ein Zeichen dafür, wie sich Nutzung verändert hat. Wo früher Tiere weideten, wachsen heute Schlehen und Wildrosen. Besonders auf der Ostseite erkennt man, wie sehr sich die Landschaft im Lauf der Jahrzehnte gewandelt hat.

Horberg und Alt-Vogtsburg – Geschichte in Bildern
Der letzte Abschnitt führte über den Horberg, auch Hochberg genannt, mit weiter Sicht über die Region. Auch hier wieder ein Stück Zeitreise: Fotos zeigten, wie die steilen Hänge früher bewirtschaftet wurden. Ohne maschinelle Hilfe, ohne Bewässerung. In Zeiten der sogenannten “Kleinen Eiszeit” war das Klima kühler, nasser und viele Menschen verließen die Region, weil das Leben hier schlicht zu hart war.
Von oben bot sich ein schöner Blick auf Alt-Vogtsburg. Drei Fotos zeigten den Wandel der Landschaft: von Obstwiesen und Ackerbau hin zu Rebhängen. Auch das erzählt viel über wirtschaftliche Entwicklungen, Klimabedingungen und die Anpassungsfähigkeit des Menschen an seine Umwelt.
Mein Fazit
Diese Foto-Tour war viel mehr als nur Bewegung an der frischen Luft. Es war eine Reise durch Raum und Zeit, eine Einladung, Landschaft und Natur bewusst zu lesen. Die zahlreichen Infotafeln haben mir nicht nur Hintergrundwissen vermittelt, sondern auch einen neuen Blick auf das, was mich umgab. Der Kaiserstuhl zeigt eindrücklich, wie eng Natur und Mensch miteinander verwoben sind und wie stark Landschaften von Nutzung, Pflege und Wandel geprägt werden. Wer hier unterwegs ist, wird nicht nur mit Ausblicken belohnt, sondern auch mit Einsichten – in die Natur, in die Geschichte und vielleicht auch ein bisschen in sich selbst.
Zum Abschluss gabs noch einen leckeren Kaffee in einem netten Café in Burgheim.



Lichtemotionist - Tobias Ackermann
Autor; Künstler

Alicia Ackermann
Co-Autor; M.Sc. Meeresbiologie



















